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EuropÀisches Bagatellverfahren

Das europĂ€ischen Verfahren fĂŒr geringfĂŒgige Forderungen ("EuropĂ€isches Bagatellverfahren") vereinfacht die Geltendmachung grenzĂŒberschreitender Forderungen von unter 5.000 Euro.

Ein in einem EuropÀischen Bagatellverfahren ergangenes Urteil ist bereits vor seiner Rechtskraft vollstreckbar. Es wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer VollstreckbarerklÀrung bedarf und ohne dass seine Anerkennung angefochten werden kann, und ist unter den gleichen Bedingungen zu vollstrecken wie ein im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenes Urteil.

Die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des EuropĂ€ischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur EinfĂŒhrung eines europĂ€ischen Verfahrens fĂŒr geringfĂŒgige Forderungen (EuBagatellVO) wurde am 31. Juli 2007 im Amtsblatt veröffentlicht und ist seit 1. JĂ€nner 2009 unmittelbar in allen Mitgliedstaaten mit Ausnahme DĂ€nemarks anwendbar. Das EuropĂ€ische Bagatellverfahren ist ein fakultatives Verfahren zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden innerstaatlichen Verfahren. Mit der Verordnung (EU) 2015/2421 wurde das europĂ€ische Verfahren fĂŒr geringfĂŒgige Forderungen vereinfacht und erweitert.

Ziel der EuBagatellVO ist die Vereinfachung und Beschleunigung von grenzĂŒberschreitenden Verfahren ĂŒber Forderungen bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro, die Verringerung der Verfahrenskosten sowie die Ermöglichung des freien Verkehrs der in diesem Verfahren ergangenen Urteile in allen Mitgliedstaaten durch Abschaffung des Exequaturverfahrens.

Die Verordnung ist grundsĂ€tzlich in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt, wenn der Streitwert zum Zeitpunkt des GerichtsanhĂ€ngigwerdens der Klage 5.000 Euro nicht ĂŒbersteigt. Es gibt aber eine Reihe von Ausnahmen vom Anwendungsbereich.

Die EuBagatellVO kommt zudem nur bei Vorliegen einer grenzĂŒberschreitenden Rechtssache zur Anwendung. Eine solche liegt vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat.

Die EuBagatellVO sieht vier FormblÀtter vor:

  • das "Klageformblatt" (A)
  • das "Antwortformblatt" (C)
  • das "Formblatt zur Erteilung eines Verbesserungsauftrages an den KlĂ€ger betreffend die Klage" (B) und
  • das "Formblatt zur BestĂ€tigung des Urteiles" (D)

Jenen FormblĂ€ttern, die von den Parteien auszufĂŒllen sind, sind Anleitungen bzw. AusfĂŒllhilfen integriert.

Zusammengefasst sind zur Einleitung eines EuropÀischen Bagatellverfahrens folgende Schritte notwendig:

  1. AusfĂŒllen des Klageformblatts
  2. Ermittlung des zustÀndigen Gerichts
  3. Elektronische oder postalische Übermittlung des Formulars an das zustĂ€ndige Gericht

Das EuropĂ€ische Bagatellverfahren wird von der KlĂ€gerin/dem KlĂ€ger durch Einreichung des ausgefĂŒllten Klageformblatts beim zustĂ€ndigen Gericht eingeleitet. Die ZustĂ€ndigkeit richtet sich nach der BrĂŒssel-I-VO. Bereits im Klageformblatt muss die KlĂ€gerin/der KlĂ€ger verpflichtend eine Beschreibung seiner Beweismittel vornehmen. Unterlagen, welche dem Gericht als Beweis vorgelegt werden sollen, können sogleich mit dem Klageformblatt, aber auch erst zu einem spĂ€teren Zeitpunkt ĂŒbermittelt werden.

Ein ordnungsgemĂ€ĂŸ ausgefĂŒlltes Klageformblatt ist vom Gericht binnen 14 Tagen an die Beklagte/den Beklagten unter Anschluss des Antwortformblattes zusammen mit allenfalls bereits von der KlĂ€gerin/dem KlĂ€ger vorgelegten Beweisunterlagen abzusenden. Die Beklagte/der Beklagte muss binnen 30 Tagen antworten.

Die Beklagte/der Beklagte kann auch eine Widerklage erheben, dazu muss er zusĂ€tzlich zum Antwortformular auch das Klagsformular vollstĂ€ndig ausgefĂŒllt an das Prozessgericht ĂŒbermitteln. Liegt der Streitwert der Widerklage ĂŒber 5.000 Euro, so wird ĂŒber Klage und Widerklage nach den nationalen Verfahrensvorschriften des Gerichtsstaates verhandelt und entschieden.

Langt beim Gericht entweder die Antwort der Beklagten/des Beklagten oder im Falle einer Widerklage die Antwort der KlĂ€gerin/des KlĂ€gers (Widerbeklagten) auf die Widerklage nicht fristgerecht ein, so erlĂ€sst das Gericht ĂŒber die Klage oder die Widerklage bereits in diesem Verfahrensstadium ein Urteil.

Grundregel ist eine schriftliche VerfahrensdurchfĂŒhrung. Eine mĂŒndliche Verhandlung hĂ€lt das Gericht ab, wenn es diese fĂŒr erforderlich hĂ€lt oder eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt.

Wurde eine Partei zu einer mĂŒndlichen Verhandlung geladen, so kann sie eine Videokonferenz beantragen. Voraussetzungen dafĂŒr sind,

  • dass die entsprechenden Mittel zur VerfĂŒgung stehen und
  • dass die Kosten fĂŒr die persönliche Anwesenheit in keinem angemessenen VerhĂ€ltnis zur Klage stehen wĂŒrden. 

FĂŒr das erstinstanzliche Verfahren besteht keine Anwaltspflicht.

Die Verfahrenskosten trĂ€gt grundsĂ€tzlich die unterlegene Partei, jedoch nur soweit diese notwendig und zum Streitwert verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig sind.

Die ZulÀssigkeit von Rechtsmitteln richtet sich nach nationalem Recht.

Zum Formular

EuropĂ€isches Bagatellverfahren − Klageformblatt (→ EuropĂ€isches Justizportal)

EuropĂ€isches Bagatellverfahren (→ EuropĂ€isches Justizportal)

Rechtsgrundlagen

Letzte Aktualisierung: 01.01.2025
FĂŒr den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium fĂŒr Justiz